der untergang kritik

Hirschbiegel sind dabei die Außenaufnahmen, die in St. Petersburg entstanden, besser gelungen als die Szenen im Bunker. Damit critic.de weiter bestehen kann, sind wir deshalb auf Sie angewiesen. Mit herausragenden Schauspielern ist dabei aber nur wenig mehr entstanden als eine teure Bebilderung historischer Fakten in Fernsehfilmqualität. Er enthält stattdessen das Diktum des Blickwechsels. --> Der Untergang zeigt aber Hitler ausschließlich als den Gebrochenen und physisch wie psychisch Kranken, der ganz unwillkürlich Mitleid erregt. Und Regisseur Oliver Hirschbiegel verwendet als Abbildungsmethode eine nur leicht stilisierte Form des psychologischen Realismus: Wir sind, so suggeriert das, "dabei", in einem kohärenten Repräsentationsraum, der auf allen Ebenen seine enge Verbindung mit dem historischen Vor-Bild beweisen will, vom Ausstattungsdetail über das Handzittern des Führers bis zum Wortlaut letzter Gespräche. Es gibt jedoch auch Szenen wie diese: Eva Braun (Juliane Köhler) liest ihren letzten Brief, den sie an ihre Schwester nach München schickt. Inzwischen hat sie sich nicht nur als Schauspielerin, sondern auch als Regisseurin – gern Komödien – etabliert. Nun ist aber Der Untergang in seinem Bemühen, eine Art Eins-zu-Eins-Umsetzung der Quellen zu schaffen, das Gegenteil einer solchen Reflexion, schon weil sich das Unternehmen gleich zweimal an eine anerkannte Form der Authentizität bindet, nämlich einmal an die Augenzeugen-Authentizität von Traudl Junges Bericht (bewährt schon in der Vorbereitung von Georg Wilhelm Pabsts Film Der letzte Akt aus dem Jahr 1955, später in André Hellers Film und als Buch präsent), die eine passable "unschuldige" Perspektive abgibt (nah beim Führer und doch nicht Teil seiner Verbrechen), und auf der anderen Seite die nicht minder bewährte Historizität von Joachim C. Fest . Und der Mythos der Authentizität gebiert eine ganze andere, hinter der Maske der Echtheit verborgene Fantasie: Der Untergang der Reichshauptstadt als Wiederkehr des blutigen Endes der Nibelungen (ganz direkt inszeniert der Film eine Szene eingeschlossener deutscher Soldaten als Replik der Metzelei am Hof des Hunnenkönigs), das Drei-Akt-Schema von Verdammnis, Opfer und Erlösung, die Rettung der Heldin an der Hand jenes Jungen, der gerade noch mit der Panzerfaust tötete und von Hitler persönlich ausgezeichnet wurde, der archaisch-mythische - von der Historie entfernte - Tod von Magda und Joseph Goebbels, die sonderbaren Sympathieverteilungen in der Entourage des Führers (der Kriegsverbrecher Speer wird geradezu zum humanistischen Helden): All dies und vieles mehr in der Tiefenschicht des Filmes wird sich womöglich zukünftigen Psycho-Historikern als eine heftigere Kehrtwendung erschließen, als es uns im Augenblick gewahr ist.